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Liste der Gründer

JUBILÄUM 1996

Die LGG begeht in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag - ein beachtliches Alter für eine Gesellschaft, die kultureller Werte pflegt und allein auf privater Initiative beruht.

1921, nach dem 1. Weltkrieg gegründet, hielt sich die LG durch die Jahre der Inflation, der Hitlerdiktatur, sie überlebte den 2. Weltkrieg und die darauffolgenden Nachkriegsjahre.

Es war nach 1. Weltkrieg, daß die Bürger der aufstrebenden Gemeinden Planegg, Krailling und Gräfelfing es als nachteilig empfanden, stets in die Landeshauptstadt fahren zu müssen, wenn sie am kulturellen Geschehen teilnehmen wollten. Da kam einer von ihnen, Geheimrat Dr. Adolf Stamm, auf die Idee, eine Gesellschaft zu gründen. um mit ihrer Hilfe an Ort und Stelle Kultur zu bieten. Er fasste die musisch interessierten in einer geistig-geselligen Vereinigung mit Sitz im damals führenden Krailling zusammen unter dem Namen »Literarische Gesellschaft Planegg-Krailling-Gräfelfing«. Der Gründer gab der Vereinigung einen für die damalige Zeit verständlichen Gedanken mit auf den Weg:

„Die Literarische Gesellschaft möge in den schlimmen Nöten der Zeit eine segensreiche Zufluchtsstätte werden, wo wir die Sorgen, die uns alle bedrücken, zeitweise vergessen dürfen, und uns durch liebevolle und ernsthafte Beschäftigung mit unvergänglichen Werten und durch gegenseitige Aussprache aufrichten und versuchen wollen, die beglückende Heiterkeit des Gemüts zu finden, die gleich weit entfernt ist von verzweifelndem Pessimismus wie oberflächlichem Optimismus."

Dese Worte sprach Dr. Adolf Stamm am Gründungstag, dem 12. Oktober 1921 in Krailling. Es waren schlechte Zeiten damals, im Winter fehlte es an Heizmaterial und die Besucher der Vorträge mußten eigene Kohlen oder Briketts zur Erwärmung des Cafe Hacker in Krailling mitbringen. Durch die Inflation stieg der anfängliche Jahresbeitrag von 5 Mark auf 100.000 Mark mit dem Vorbehalt weiterer sogenannter Zubußen bei steigender Inflation.
 

Am Ende des Gründungsjahres waren es 62 Mitglieder, davon 32 aus Planegg, 22 aus Krailling und nur 8 aus Gräfelfing. Anno 1938 kamen von den 129 Mitgliedern 58 aus Gräfelfing, 29 aus Planegg, 18 aus Krailling und die übrigen aus Gauting und Stockdorf. Daraufhin entschloß man sich, den Sitz der Gesellschaft nach Gräfelfing zu verlegen und ihr den Namen »Literarische Gesellschaft Gräfelfing« zu geben.

In den ersten Jahren ihres Bestehens bestritten laut Satzung die Mitglieder selbst die Vorlesungen und Vorträge. Bald aber ging man dazu über, auch Kräfte von auswärts heranzuziehen. Damit war ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung der Literarischen Gesellschaft getan. (Handgeschriebene Protokolle vom 12.10.1921 bis 18.12.1933 sind noch vorhanden.)

Ursprünglich wurden nur Themen aus Literatur, Kunst und Musik behandelt, später traten dann auch solche aus den Gebieten der Naturwissenschaften, Soziologie und zu Fragen der Weltanschauung immer mehr in den Vordergrund.

Von 1933 bis 1944 hatte Theodor Engelmann den Vorsitz inne. Dank seiner klugen Führung vermochte er dem politischen Druck jener Zeit zu widerstehen. So wahrte er  die geistige Unabhängigkeit der Gesellschaft. Man hatte mit der Zwangsmaßnahme gedroht, die LG der sogenannten Reichsschrifttumskammer unterzuordnen und damit einer strengen Kontrolle zu unterwerfen. Zitat von Theodor Engelmann:

»Es gelang mir tatsächlich, die LG als eine der wenigen literarischen Vereinigungen im Reich lebendig zu halten und in den kritischen Zeiten unser Vortragsprogramm durchzusetzen, ohne von unseren bisherigen Richtlinien abzugehen.«

Es wurde sogar erreicht - mit zwei oder drei unvermeidlichen Ausnahmen – daß bei mehr als 200 Vorträgen kein Thema nationalistischer Art behandelt wurde, so Engelann.

In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg war es dann Geheimrat Professor Dr. Walter Götz, der die LG weiterführte, bis im Jahre 1948 der Kinderarzt Dr. Frank Höfer, unterstützt von dem Verlagsbuchhändler Werner Lehmann mit besonders viel Schwung und Idealismus die Führung übernahm. Die Pflege der Musik wurde auf seine Initiative hin ein besonderes Anliegen der Nachkriegsjahre. Gleichzeitig entstand der Schauspielkreis. So hatte sich in Gräfelfing ein Kulturzentrum für das ganze Würmtal gebildet.

Seit dem Jahre 1959, nach dem frühen Tode von Dr. Frank Höfer, lag die Leitung in den Händen von Werner Lehmann bis zu seinem Tode im Jahre 1973. Der Musikkreis wie auch der Schauspielkreis lösten sich mangels aktiver Mitglieder wieder auf. Zum 50jährigen Jubiläum der LG 1971, die sich damals in erster Linie als Diskussionskreis für aktuelle Themen ihrer Zeit verstand, hatte man als neues Leitbild ein Wort von Karl Jaspers gewählt.

 

»Wir wollen miteinander reden. Wir wollen nicht nur unsere Meinung wiederholen, sondern hören, was der Andere denkt. Wir wollen nicht nur behaupten, sondern im Zusammenhang nachdenken, auf Gründe hören und bereit bleiben, auf neue Einsicht zu kommen.«

Im Jahre 1973 übernahm bis zum heutigen Tage Herr Wolfgang Pollner die Führung der Literarischen Gesellschaft Gräfelfing.

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